Heraklit

Heraklit
Heraklit,
 
griechisch Herạkleitos, Philosoph aus Ephesos, um 550-480 v. Chr., wegen seiner Rätselsprache schon von den Alten der »Dunkle« genannt. Was über sein Leben berichtet wird, ist unsicher. Von seinem in Prosa geschriebenen Buch sind rund 120 Sätze erhalten. Heraklit berief sich auf den Logos, der in der Seele jedes Menschen spricht. Logos ist dabei Wort, Gedanke, Sinn, Gesetz. Er regelt Geist und Sein und ist insofern etwas Göttliches: »Wer mit Verstand reden will, muss sich stark machen mit dem allem Gemeinsamen (Logos). .. denn es nähren sich alle Gesetze von dem einen, göttlichen« (Fragment 2, 30, 114). In sich verschieden und sogar zwieträchtig, ist das Sein so doch wieder einträchtig: »Zusammenfügung des Gegensätzlichen« (Palintropos harmonia). Das bekannteste Beispiel hierfür ist der Fluss, dessen Wasser ständig wechselt und der doch immer derselbe bleibt.
 
Das Element, das im höchsten Maße solche Einheit der Gegensätze verkörpert, ist das vernünftige Feuer am Himmel (Alles Feuer ist gleich Seele gleich Vernunft). Da das Feuer in der Schärfe seiner Gegensätzlichkeit ermattet, sinkt es herab, wird zuerst zu Wasser und dann zu Erde, zu seinem Gegenwesen, zum Starren und Toten. Aber das erloschene Feuer wird wieder von Hunger nach seinem wahren Wesen erfasst und kehrt über das Wasser in die Flamme zurück. Wechsel und Wandel auf der Erde haben ihre Ursache in den wechselnden Stellungen der nach unten geöffneten Schalen am Himmel, die das aufsteigende Feuer auffangen. So entstehen Tag und Nacht, Sommer und Winter. Wenn alle Wandelsterne an ihren Platz zurückkehren, muss alles wiederkehren. Daher gibt es ein großes Jahr der ewigen Wiederkunft des Gleichen. Das ewige Werden ist aber nicht das Vorübergleiten von immer Neuem, sondern das Sichdarleben desselben in Verschiedenheit und Gegensätzlichkeit, die somit fruchtbar wird. So versteht sich sein Wort: »Der Krieg ist der Vater aller Dinge, aller Dinge König« (Fragment 53).
 
Platon stilisiert Heraklit unter dem Einfluss des Kratylos zum Lehrer des Werdens (»alles fließt«: panta rhei) im Gegensatz zu Parmenides als dem Lehrer des Seins. Stark beeinflusst von Heraklit ist die stoische Naturphilosophie. Das Weltgesetz der Stoiker (Lex aeterna), das allem Naturrechtsdenken vorschwebt, geht auf den Logos Heraklits zurück. In der Renaissance wurde Heraklit zum Inbegriff des über die Welt »weinenden« Philosophen und oft zusammen mit dem über die Welt »lachenden« Demokrit dargestellt. Die Hochschätzung der Lehre Heraklits erneuerten besonders G. W. F. Hegel, J. C. F. Hölderlin und F. Nietzsche.
 
Ausgaben: Heraklitus Ephesius: Fragmente. Griechisch und deutsch, herausgegeben von B. Snell (31944); Die Fragmente der Vorsokratiker, herausgegeben von H. Diels und anderen, 3 Bände (61952, Nachdruck 1996).
 
 
O. Gigon: Unters. zu H. (1935);
 F. J. Brecht: H. Ein Versuch über den Ursprung der Philosophie (1936);
 E. N. Roussos: H.-Bibliogr. (1971);
 
Die Philosophie der Antike, Bd. 1, hg. v. W. Röd (1976);
 K. Held: H., Parmenides u. der Anfang von Philosophie u. Wiss. (1980);
 
Die Vorsokratiker, hg. v. J. Mansfeld, Bd. 1 (1983).
 
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
 
Parmenides, Heraklit und die Atomisten: Sein und Werden
 

Universal-Lexikon. 2012.

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